Peter Handke, Elke Heidenreich, Günter Grass und Martin Walser
Über Ihren letzten Roman hat Christine Westermann …
»… Wer ist denn das?«Sie ist Literaturkritikerin.
»Ist das eine ältere Dame? Da gab’s früher eine andere.«Sigrid Löffler? Iris Radisch?
»Nein, die Hübschere.«Elke Heidenreich?
»Ja! Die war auch immer gegen mich.«Die sagt auch, nicht jeder solle schreiben und veröffentlichen.
»Da bin ich einverstanden. Mein großer Fehler: In Graz hatte ich so Freunde im Studium, wo wir dann das Forum Stadtpark hatten: ›Jeder kann schreiben‹, hab ich gesagt, und die haben alle dahingestümpert bis zur Pension.«*
1.* Peter Handke schweift herrlich eloquent ab. Dabei hat er für Ibsen, Goethe und Miller ein paar nachträgliche Bestseller parat, für Chemnitzer ein offenes Ohr und handfeste Kritikpunkte gegen fast jede Haltung des Interviewers. Seine starke Meinung unterhält und macht gleichzeitig melancholisch. // »Ich habe keine Schublade«
2. »Heute sitzen an den entscheidenden Stellen fast nur noch Menschen, die einen Karriereplan verfolgen. Dann werden sie zu Leuten, die denken, mit Kraftausdrücken ließe sich gute Politik machen.« Sie meinen Andrea Nahles. »Ja, oder Martin Schulz, der sich auch gern wichtigmacht. Aber so wie Sahra Wagenknecht will ich es dann auch nicht haben. Als die gefragt wurde, was sie gemacht habe, als die Mauer fiel, da sagte sie: ›Ich habe Kant gelesen.‹ Was ist das denn für eine Antwort?« Elke Heidenreich kritisiert seit fast fünf Jahrzehnten Literatur – im deutschen Fernsehen, online, offline. Dass mittlerweile Kochsendungen und all der andere »Schrott« ihren Sendeplatz eingenommen haben, nervt sie sehr. Genauso wie die Selbstgefälligkeit derer, die tatsächlich noch Bücher lesen. // »Andrea Nahles müsste mehr lesen«
3. »Es war noch nie so unerlaubt, älter zu werden als arbeitender Mensch, wie jetzt! Und wenn ein Älterer liebt, ist es nicht Liebe, sondern ›Altersgeilheit‹.« Meine Erfahrung mit dem, was unter dem Stichwort »Altersgeilheit« läuft, ist die, dass die erotische Liebe im Alter differenzierter wird, sich verlangsamt. »Du musst jetzt nicht für die möglichen Freuden des Vollzugs in den späteren Jahren plädieren.« Günter Grass und Martin Walser diskutieren leidenschaftlich grantig über alles, was ihnen in die Quere kommt: über früher, über heute, untereinander und mit den beiden Interviewern. Meist ist dabei niemand einer Meinung, außer der, dass Elke Heidenreich nicht weiß, was sie da von Literatur erzählt. // Wer ein Jahr jünger ist, hat keine Ahnung