»Journalisten sind keine Götter«

Leslie Jamison, Christian Mihr und Hannelore Elsner


[…] Wie fühlt es sich für Sie an, dass nun so viele Menschen von Ihrem Alkoholismus wissen? Hilft das, nicht rückfällig zu werden, oder bringt es Sie in Gefahr?
»Es stört mich nicht allzu sehr, dass andere diese ganzen Geschichten aus meiner Vergangenheit lesen können. Meine Geschichte ist im Vergleich zu den Lebensgeschichten vieler anderer nicht besonders krass oder hart. Ich habe meine Alkoholabhängigkeit in einem sehr privilegierten Umfeld entwickelt, als weiße Frau, vor der sich niemand fürchtet. Deshalb denke ich nicht, dass meine Geschichte unbedingt viel Mitleid verdient. […]«

Wie sieht es mit Ihrer Beziehung zu sich selbst aus?
»Sie ist besser geworden, weil ich meinen Blick und meine Aufmerksamkeit nicht mehr so sehr nach innen, sondern nach außen richte. Es gibt eine Redewendung, die man oft in Therapie-Runden hört: ›Die Lösung hat nichts mit dem Problem zu tun.‹ Als ich das zum ersten Mal hörte, dachte ich: ›Natürlich hat die Lösung etwas mit dem Problem zu tun.‹ Aber mittlerweile bin ich auch der Meinung, dass man sich manchmal zu sehr auf eine Schwierigkeit fokussiert und der Knoten dadurch noch viel fester wird, als er davor war. Was mir dabei geholfen hat, meinem Selbsthass zu entkommen, war, mich nicht mehr die ganze Zeit mit mir selbst zu beschäftigen, sondern mit anderen Menschen.«*


1.*
Als Autorin erzählt Leslie Jamison von ihrem Alkoholismus weniger romantisch verklärt wie Charles Bukowski, sondern klinischer. Sie spricht über eine Krankheit, nicht über einen Lifestyle. // Sehnsucht nach dem Delirium

2. »Zunächst sollte man schreiben, was ist.« Das reicht? Christian Mihr ist Chef von Reporter ohne Grenzen. Er hat einen klaren Ansatz für guten Journalismus, doch während des Gesprächs scheint er mehr und mehr durch jene Brille zu sehen, die er kritisiert. // »Zu viele Journalisten sehen die Welt durch dieselbe Brille«

3. »[…] Müßiggang heißt für mich …« Abschalten? »Nein.« Ach. »Schon ganz da sein, aber ich tue dann halt gerade nichts. […]« Hannelore Elsner rekapituliert ihr Leben sehr reflektiert – eine Grande Dame ohne Diva zu sein. // Hannelore Elsner

Sagen Sie etwas!

(Ihre E-Mail-Adresse dient allein der Identifizierung. Sie wird nicht veröffentlicht.)