Oliver Kalkofe und Dieter Nuhr
Es ist kompliziert. Man lässt viele Leute einfach nicht. Erst wenn ihnen ein Riesenerfolg gelungen ist, dann schmeißen sich plötzlich alle in den Staub. Und man kann alles machen.
Wird man da nicht irgendwann ein bisschen Schizophren?
Es ist schon nicht leicht, in diesem Geschäft einigermaßen normal zu bleiben. Aber ich sehe mich da in der Tradition von Spider-Man: »Aus großer Kraft folgt große Verantwortung.« Das heißt: Auch wenn man den einen Bösewicht besiegt hat – der nächste wartet schon. Und so geht das immer weiter. Es ist ein Kampf gegen Windmühlen.Woran du anscheinend nicht den Spaß verlierst.
Nee, natürlich nicht. Sonst würde ich das ja nicht machen. Ich verzweifle nicht an all dem Schrott, sondern versuche daraus etwas Schönes zu machen. Ich bin eine lebende Recyclingtonne. Das heißt: Ich nehme etwas Beschissenes und versuche Leute zum Lachen zu bringen. Darauf beruht sowohl die »SchleFaZ«-Reihe auf Tele 5 wie auch die »Mattscheibe«. Es ist wie beim Arzt: Es hat etwas Homöopathisches.Mit anderen Worten Oliver Kalkofe ist die Globuli des deutschen Fernsehens?
Ja, ich bin ein sehr großes, dickes Globuli.Das Problem bei Globuli ist allerdings, dass keine wissenschaftlichen Belege existieren, dass es wirkt. Wird der »Virus der Idiotie«, von dem du mal in einem stern-Interview gesprochen hast, also nie aussterben?
Ich glaube leider, dass es den immer geben wird – und zwar nicht nur im Fernsehen, sondern überall. Wenn wir uns jetzt mal in der Welt umschauen, scheint es, als sei dieser Virus inzwischen zur Seuche geworden. Das ist den Infizierten aber nicht bewusst, weil vor allem die Bekloppten immer behaupten, sie seien die Vernünftigsten. Das wird sich nie ändern. Es wird immer genug Bescheuertes geben. Deshalb wird der Virus der Dummheit auch leider nie aufhören sich zu verbreiten.*
1.* Oliver Kalkofe hat die Antwort auf die Frage, warum das deutsche Fernsehen so furchtbar langweilig ist. // »Im deutschen Fernsehen wird fast nur kopiert«
2. »An Beispielen für schlechtes Fernsehen mangelt es sicher nicht. Wie sehen für Sie die Top 3 der TV-Flops aus? Auf Platz 3 ein Klassiker: ›Germany’s Next Topmodel‹. Hier werden junge, meist minderjährige Mädchen unter falschen Glamour-Versprechungen dazu angelernt, zu gehorchen und dabei sexuell attraktiv zu sein. Für mich eine Mischung aus Militär und Escort-Service. Platz 2: all die neuen Bums-und-Body-Formate wie ›Love Island‹ oder ›Naked Attraction‹, wo Menschen als Frischfleisch nackt mit verdecktem Kopf in Glaskästen gestellt werden und dann nach Pimmel, Arsch- und Hupen-Analyse als Date aus- oder abgewählt werden. Auf 1 immer noch sämtliche Scripted-Reality-Formate, egal wie sie heißen. Das ist menschenfeindlich, lieblos und hat nichts mit echtem Fernsehen zu tun. Und wer kommt auf die Bestenliste?« Das Ranking schlechter TV-Formate geht schnell: Inhaltslos und zynisch ist das deutsche Fernsehen seit den 90ern geworden, findet Oliver Kalkofe – zurecht. // »Privat schaue ich nur, was Spaß macht«
3. »Sie haben in einem Facebook-Posting einen Artikel von uns angegriffen, in dem wir empfehlen, die Empörung über ihre Greta-Witze herunterzuschrauben und diese lieber zu ignorieren. Was hat Sie daran geärgert? Sie haben mir in diesem Artikel, wenn ich mich recht erinnere, unterstellt, man würde mir im Grunde in die Karten spielen mit der ganzen Erregung, und ich würde mich über den ganzen Dreck, der über mir ausgekübelt wurde, auch noch freuen, weil es dem Geschäft nützt, eine recht einfältige Unterstellung ohne jede Grundlage. Unbegründete Mutmaßungen als Wahrheit zu verkaufen, ist schlechter Journalismus. Wenn Sie einen Wunsch für 2020 frei hätten – welcher wäre das? Weniger Hysterie. Den Wunsch können wir aber unter »vergeblich« ablegen.« Es ist immer wieder irritierend zu sehen, wenn Journalisten sich von der landläufigen Meinung ihrer Leser überzeugen lassen. Aber gut an diesem Gespräch ist, dass sie auch in die Konfrontation gehen können: indem sie bei Dieter Nuhr mal nachhaken zum Beispiel. // »Auf Menschen, die andere Meinungen nicht ertragen, kann ich keine Rücksicht nehmen«