Marcel Reich-Ranicki, Joschka Fischer und der Arzt, dem die Männer vertrauen (sollten)
»Sie geben dieses Interview mit gemischten Gefühlen.
Ich befürchte das Schlimmste. Man stellt mir seit zehn fünfzehn Jahren immer wieder dieselben Fragen, und dann kommen die boshaften Bemerkungen, das habe man nun schon dreimal von mir gehört.Mich interessiert Ihre Seelenlage.
Das ist schon vielversprechend.[…]
Darf ich Sie unterbrechen?
Nein, lassen Sie mich das zu Ende führen! […]Aber das weiß ich doch alles.
Nein, das wissen Sie nicht!Das ist doch alles publiziert.
Nein, was jetzt kommt, ist nicht publiziert! […]Ich wollte mit Ihnen über ganz anderes reden.
Ja, aber ich will dazu noch etwas sagen. […]Ich habe die Sendung gesehen.
Lieber, das Gespräch gefällt mir nicht.Mir auch nicht.
[…]Sie halten alle anderen Menschen für blöd.
Nein, nur Sie halte ich für ein großes Unglück. […]Man muß Ihnen gehorchen.
Wissen Sie das so genau?Ich merke es doch gerade.
Ulrich Greiner hat aufgrund jahrelanger Zusammenarbeit mit mir in der ›Zeit‹ geschrieben, daß ich den Widerspruch liebe. Ich liebe den Widerspruch! Ich liebe die Diskussion und den Streit, schreibt Greiner, und da kommen Sie mir mit solchem Unsinn.Man darf Sie nicht unterbrechen.
Sie lassen mich nicht meine Gedanken zu Ende führen.Das macht doch nichts.
Ich hab’ das nicht gern.Das kommt doch im Leben immer wieder vor.
Nein.Es kommt in Romanen vor.
Nein, nein.Nicht?
Doch, aber mir paßt es nicht. Weiter!«*
1.* Ein Reich-Ranicki’sches Streitgespräch par excellence: über Vorwürfe des Frauenhass’, die Unbeliebtheit eines Literaturkritikers, über Judenhass – aber vor allem über seine begnadete Fähigkeit zu wettern. // Interview mit Marcel Reich-Ranicki (2. September 2000)
2. »[…] Für mich ist Bonn nicht die Realität, in der ich mich entfalten kann, so wie ich möchte. Ich muß hier Dinge tun, die mich im Grunde zu Tode langweilen. Zum Beispiel? Diese ganze Juristerei! Wir haben doch nur mit Paragraphen und Paragraphenrittern zu tun, das ist ein wesentlicher Bestandteil der Politik. Ich fühle mich hier einfach nicht frei. Ich darf zum Beispiel zu niemandem öffentlich Arschloch sagen. Wenn der Joschka Fischer im Bundestag zu Herrn Stücklen Arschloch sagt, dann, wumm, ist das ungefähr so, wie wenn einer in der Kirche laut furzt, nur daß dort der Klangkörper wesentlich voller ist, falls es sich um eine gotische Kathedrale handelt. Das ist doch grotesk!« Joshka Fischer übt Kohl-Kritik und trauert seinen Tagen mit halluzinogenen Pilzen von der Kuhweide nach – das ergänzt er mit RAF-Anekdoten und seiner Abneigung gegenüber Fachdebatten. Und das zu einer Zeit, als sich Alkoholismus offensichtlich noch schickte. // Interview mit Joschka Fischer 1985
3. »Frauen sind da vernünftiger? Ja, das bestätigen Untersuchungen. Manche führen das darauf zurück, dass Frauen schon im jungen Alter durch regelmäßige Besuche beim Frauenarzt lernen, nicht nur dann zum Arzt zu gehen, wenn sie krank sind, sondern eben auch um zu gucken, ob alles in Ordnung ist. Männer dagegen haben Angst davor, was beim Arzt herauskommen könnte. Viele Männer sind das letzte Mal als Grundschüler gründlich durchgecheckt worden.« Ein Reminder für alle Männer, mal wieder beim Arzt vorbeizuschauen – ob’s nun grad dringlich ist oder nicht. // »Es hilft nicht, Ihr bestes Stück mit blauen Pillen hochzuprügeln«