»Glück ist, nicht immer alles gleich und sofort zu wollen, sondern sogar weniger zu wollen«

Gay Talese, eine Pulitzer-Preis-Trägerin und der Leiter der Grant-Studie


»[…] Wenn Sie möchten, dass jemand Ihnen die Tür öffnet, müssen Sie lernen, sich gut zu präsentieren. Überzeugen Sie Ihr Gegenüber, dass Sie ehrliches Interesse an seiner Person haben. Vor allen Dingen ziehen Sie sich ordentlich an.

Warum zählt das für Sie?
[…] Ich glaube an den ersten Eindruck, so habe ich auch gearbeitet, nur heutzutage kleiden sich Journalisten wie Sie – oder noch schlimmer.

Ich habe ein frisch gebügeltes Hemd, einen schwarzen Pullover und eine hellblaue Baumwollhose an.
Intellektuelle kleiden sich schlecht, das wirkt aus den 60er Jahren nach. Damals begannen sie, Blue Jeans anzuziehen, wollten bis zur Lächerlichkeit locker wirken. Manchmal können Sie an der Kleidung keinen Unterschied mehr zwischen einem Harvard-Professor und seinem Studenten sehen.

›Dress up for the story‹ – so heißt Ihr Motto.
Als ich ein Buch über Brückenarbeiter geschrieben habe, tat ich nicht so, als sei ich einer von ihnen. Ich trug einen Dreiteiler, einen Hut, Lederschuhe. Ich gehöre zu einer privilegierten Gruppe von Menschen, die bis zu einem gewissen Grad das Recht hat, in die Privatsphäre anderer einzudringen. Dabei aber fair bleiben muss. Nie hat mich jemand angerufen, weil ich ihn verzerrt dargestellt hätte.

[…]
[…] Als Journalist besaß man damals noch einen Stolz, wenn man seiner Arbeit nachging.

Heute nicht mehr?
Nein, der ist weg. Wenn ich Sie ansehe, tippe ich, Sie haben sich vor zehn Jahren genauso angezogen. Ich frage Sie: Wie viele Anzüge haben Sie?

Einen.
Und den ziehen Sie zu was an – einem Begräbnis oder einer Hochzeit? Warum nicht für die Arbeit? […]

[…]
[…] Ach, lassen wir das, reden wir erst mal über meinen Lebenslauf.

Können wir später über Ihre Biografie sprechen?
Nein, damit geht jedes Gespräch los. Sehen Sie …«*


1.*
Gay Talese soll eigentlich die Antworten geben, nimmt stattdessen aber die Zügel des Gesprächs einfach selbst in die Hand. Wenn er über Mode reden will, findet er einen Weg. Und wenn er den Journalismus kritisieren will ebenso. Er ist ein herausfordernder Gesprächspartner, der umso mehr Spaß macht. // »Selbst zum Friseur gehe ich im Anzug«

2. »[…] Erst als ich über die Brooklyn Naval Yard las, die größte Reparaturwerft der Alliierten, und über die Arbeiterinnen dort, wusste ich: Ich habe meinen Stoff gefunden. Das hat wirklich Spaß gemacht. Sie haben zehn Jahre an dem Roman gesessen. Das nennen Sie Spaß? Ich fühlte mich zuerst gehandicapt. Normalerweise schreibe ich über Erinnerungen an bestimmte Zeiten, die ich miterlebt habe – die Punkrockszene in San Francisco der späten 70er Jahre, den Beginn des Internets im New York Mitte der 90er Jahre. Mit diesem Roman hatte ich nichts, woran ich anknüpfen konnte. Erst als ich bei einem Oral-History-Projekt anfing und Frauen befragte, die in den 40er Jahren in der Werft gearbeitet haben, löste sich der Knoten.« Jennifer Egan beschreibt, wie sie leicht schmerzhaft bemerkte, dass der Pulitzer-Preis ihrem Werk galt, nicht ihrer Person. Im Gespräch mit Ulf Lippitz malt sie allerdings ein sehr literarisches Bild von dieser Pulitzer-Preis-Gewinnerin: mal in den Wehen liegend, mal voller Selbstzweifel und mal als Teilzeit-Cop. // »Unsicherheit mündet in bessere Arbeit«

3. »Wissen Sie nach über 45 Jahren Forschung, was Glück ist? Im poetischen Sinne ist Glück, in sein Ferienhaus zu kommen und die Wäsche sauber und ordentlich gefaltet vorzufinden. Und dabei von vier liebenden Kindern und sechs liebenden Enkeln umgeben zu sein. Aber ein Ferienhaus muss man sich erst mal leisten können. Das Haus muss nicht so groß sein wie das der Kennedys, sondern nur nah genug am Wasser liegen, damit man seinen Kindern das Segeln beibringen kann. […]« Der Psychiater und Harvard-Professor George E. Vaillant erforscht seit 75 Jahren das Glücklichsein. Für sich selbst hat er dessen Kern noch nicht ganz enthüllt, weiß aber: Ein erfülltes Leben hat wenig mit dem Kopf zu tun. // Der weite Weg zum Glück

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